Der Stahl- und Metallhandel ist ein wichtiger Teil fast aller Fertigungsketten in ganz Europa und deutlich mehr als einfacher Materiallieferant. Die Kunden fordern immer mehr: hohe Materialverfügbarkeit, kurze Lieferzeiten, die Übernahme von immer mehr Bearbeitungsschritten und absolute Termintreue.
Mit dem Fokus auf diese Unternehmen hat das Fraunhofer IPA am 25. Juni 2019 erstmalig den »Anwendertag – Metall- und Stahlhandel« in Stuttgart veranstaltet. Den über 50 Teilnehmern wurden in Fachvorträgen und anschließenden Workshops insbesondere Themen aus der Logistik, Sägetechnik und Digitalisierung näher gebracht.
Den Wandel der Branche zeigte dabei Jörg Feger vom Bundesverband Deutscher Stahlhandel in seinem Vortrag deutlich auf. Die Losgrößen gehen in Deutschland seit Jahren zurück. Derzeit hat ein durchschnittlicher Auftrag ein Gewicht von nur noch 385 Kilogramm. Und »der Trend ist weiter fallend«, so Feger. Dies hat unterschiedliche Herausforderungen für die Auftragsabwicklung zur Folge, die heute viele Betriebe vor Probleme stellen. Tim Mayer, Gruppenleiter Sägetechnologie am Fraunhofer IPA, zeigte dabei neben aktuellen Forschungsthemen auch handfeste Lösungen für die nächsten Schritte hin zum Digitalen Stahlhandel. Er betonte: »Forschung und Unternehmen müssen wirtschaftliche und praktikable Lösungen für den Stahlhandel finden und anbieten. Nicht der Händler will nicht Digitalisierung, sondern es fehlen oft die richtigen Lösungen«.
Wie die neue Welt der Stahlhändler aussehen könnte, schilderte Thomas Roth, der seit zwölf Jahren dem Stahlhandel bei der Logistikplanung hilft, am Beispiel eines Kranführers. Ein solcher Arbeiter müsse die Bestellungen zusammenstellen, den Wareneingang managen – und oft auch Maschinen überwachen. Bisher komme es dabei immer wieder zu Verzögerungen, weil Prioritäten fehlten, sodass manche Aufgaben warten müssten.
Vor allem der Stillstand einer Maschine kann ins Geld gehen. Valentin Kaltenbach, Geschäftsführer der stahlservice24 GmbH, griff das Thema Stillstandszeiten und Kostenoptimierung auf. Dabei zeigte er eindrucksvoll, wie mit einfachsten Mitteln neue Wege in der Digitalisierung möglich sind und wie groß die Einsparpotenziale sind.
Einen Schritt weiter in Richtung Digitalisierung ist das Unternehmen XOM-Materials bereits: Es hat einen virtuellen Marktplatz für den Metallhandel aufgebaut. Ähnlich wie bei Online-Versandhändlern können Kunden hier Angebote vergleichen und rund um die Uhr einkaufen. »Vor vier Jahren war dies im Stahlhandel noch unvorstellbar«, sagte Dietrich Böntges, »inzwischen gibt es großes Interesse an dieser Plattform.« Allerdings haben manche Unternehmen Bedenken, dass mit der Offenlegung ihrer Angebote ein Preiskampf entbrennen könnte.
Abschließend zeigte Peter Uhl von SHComputersysteme, was heutige Software für den Stahlhandel leisten kann und muss. Detaillierte Aussagen über Kosten und Aufwände ermöglichten den Teilnehmern des Anwendertags, das eigene Unternehmen im Markt einzuschätzen.
Der abschließende Workshop mit unterschiedlichen Projektideen, Zukunftsthemen und Umsetzungsbeispielen führte zu einer regen Diskussion zwischen den Teilenehmern und einem sehr positiven Fazit: So hat der Workshop gezeigt, dass kaum ein Unternehmen bereit ist, auf einen Schlag den gesamten Betrieb zu digitalisieren. Eine große Bereitschaft gibt es allerdings für Teillösungen, etwa bei der Logistik oder bei der Steuerung und Überwachung von Sägeprozessen.
In der nächsten Veranstaltung des Fraunhofer IPA am 27. November 2019 steht neben dem Metall- und Stahlhandel wieder die Sägetechnik im Vordergrund.
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